Corona oder die Teilung der ganzheitlichen Gesundheit
Giorgio Agamben, ein italienischer Philosoph, weist in einem Artikel darauf hin, dass wir eine körperliche und eine geistige Gesundheit haben. Ich begeistere mich genau deshalb für ganzheitliche Ernährungsberatung, da gerade das ja die Verbindung ist, mit der ich mich beschäftige. Lange Zeit trennte auch die Medizin die psychische Gesundheit von der körperlichen. Das führte dazu, dass Patienten mit Reizdarmsyndrom und einer einwandfreien Darmspiegelung leicht für Hypochonder gehalten wurden. Jeder von uns weiß inzwischen, dass die Psyche nicht von körperlichen Reaktionen getrennt werden kann. Wer das bezweifelt, stelle sich jetzt bitte kurz vor, kraftvoll in eine Zitrone zu beißen. Unwillkürlich läuft dann Wasser im Mund zusammen. Ganz zu schweigen davon, dass reine Vorstellungskraft zum Thema körperlicher Liebe zu körperlichen Reaktionen führen kann. Das wird sicher kein Mann bestreiten- Frauen auch nicht.
Wenn wir uns also einig sind, dass die Psyche nicht so einfach vom Körper zu trennen ist bei jeglicher Betrachtung, dann kommen wir der Überlegung näher, dass körperliche Gesundheit wohl auch mit geistiger und seelischer Gesundheit in engem Zusammenhang steht.
Wie unmenschlich ist unsere Isolation?
Das ist für mich ein bedeutendes Puzzleteil, um zu erklären, warum wir uns nicht einsperren lassen können, wenn ein Virus droht, und warum ein Lock-down über lange Zeit so unmenschlich ist. Er ist viel unmenschlicher, als vielen von uns bereits bewusst ist. Ich empfinde das schon die ganzen letzten Wochen so. Doch wird dieses Gefühl von allen Seiten mit dem Satz „Du willst doch nicht die Alten und Kranken gefährden? “ niedergestochen. Falsch fühlt sich die Isolation trotzdem an. Nein, ich möchte niemanden gefährden, aber warum fühle ich mich so unwohl?
…und die Risikopatienten?
Risikopatienten müssen geschützt werden. In diesen Zeiten, aber auch schon vorher. Viren umgeben uns und gehören zu unserem Mikrobiom. Wenn sich aber ein Ungleichgewicht ergibt, werden sie gefährlich. Ein paar Andersdenkende Leute in einem Land feuern die Diskussion an, aber Massen an radikalen Menschen sind gefährlich. Übertragen auf unser Mikrobiom bedeutet das: Habe ich also durch eine Krankheit ein Ungleichgewicht bei meinen Mikroorganismen in und auf mir, ist keiner da, der ein paar Hooligans in ihre Schranken weist. Das ist der Grund, warum gesunde Personen oft keine Symptome aufweisen. Trotzdem kann man immer etwas für das Immunsystem tun. Welchen Grund gäbe es, nicht alle Möglichkeiten auszuschöpfen?
Helfen unsere Maßnahmen denn den Gefährdeten?
Das Furchtbare ist ja, dass trotz aller Maßnahmen die Ausbrüche in Heimen nicht verhindert werden können. Liegt das vielleicht an dem armen medizinischen Personal, dass bereits in normalen Zeiten zu gering besetzt ist und nun vor einer schier unlösbaren Aufgabe steht? Wie sollen mit so wenig Personal und schlechter Ausstattung besonders nachhaltig hygienische Maßnahmen umgesetzt werden?
Der Mensch, das soziale Wesen
Wir sind soziale Wesen. Ein Ausschluß aus der Gemeinschaft war in vergangenen Jahrhunderten immer ein Todesurteil für einen Aussätzigen. Wie behandeln wir denn nun unsere gefährdeten Personen, um die körperliche Gesundheit um jeden Preis zu schützen? Wer allein wohnt, ist sozusagen in Isolationshaft und bekommt die Einkäufe vor die Tür gestellt. Ist Isolationshaft nicht ein gutes Mittel, um aufmüpfige Gefangene zu brechen? Ist Isolation nicht immer eine Foltermethode gewesen? Was machen wir mit unseren Risikopersonen, die bestimmt auch mental nicht die Resilientesten sind? Ich kenne Risikopatienten, die gerne Verantwortung für sich übernehmen und nicht bevormundet werden möchten. Wir sollten sie fragen. Es gibt da diese Geschichte von der alten Dame, der man über die Straße hilft, obwohl sie da gar nicht hin möchte… Chronisch Kranke kennen ihre Risiken und stehen ohnehin bei Rockfestivals nicht in der ersten Reihe und passen ihre Lebensweise an. Von vielen Seiten höre ich, dass es Eltern von Freunden, die alleine leben, in letzter Zeit psychisch immer schlechter gehe. Man soll es nicht glauben: Der ein- oder andere bleibt unerlaubt auf einen kurzen Besuch, da es nicht anders geht.
Einsamkeit schwächt unser Immunystem
Es gibt, ich glaube bei „Bild online“ eine Aufnahme, dass erste Besucherboxen in Altenheimen eingerichtet wurden, damit Angehörige sich durch eine Glasscheibe sehen können. Wie im Gefängnis. Was für ein Gefühl hinterläßt das bei den Menschen? Es ist nicht überraschend, dass in den USA in den letzten 4 Wochen 40% mehr Antidepressiva verschrieben wurden. Nun steigen die Suizide, und die Alten sterben vor Isolierung und einsam. Das geht aber nicht in die Virenstatistik ein. Das statistische Bundesamt kann zeitnah alle Verkehrstoten nennen, antwortet aber auf Nachfrage, dass es Statistiken zum Freitod frühestens im September liefern könne. Ich kenne um 5 Ecken einen Coronaerkrankten, habe aber auch schon vom Freitod eines Familienvaters im Nachbarort gehört.
Meine persönlichen Erfahrungen
Ein Herz für Kinder und Dreck ist gesund
Frustessen beginnt bei 10-jährigen
Werden Kollateralschäden unterschätzt?
Ich habe heute morgen einen Anruf von einer Freundin bekommen, die allein lebt. Sie sagt, mir, sie müsse mal wieder „gedrückt“ werden.
Liebe Ina, vielen Dank für deine offene und ehrliche Meinung zu dem Thema. Du sprichst mir aus der Seele. Ich sehe es ganz genau so….für die Risikopatienten und die Kinder ist es mittlerweile unerträglich.
Ich kann dem eigentlich nichts hinzu fügen, weil ich das alles ganz genau so sehe. Ich hätte auch einige Beispiele zu nennen, aber dafür reicht der Platz nicht…